10. März 2020

Minijob auf Abruf birgt Ri­si­ken für Un­ter­nehmen

Per Minijob auf Abruf fan­gen vie­le Un­ter­neh­mer sai­so­na­le Auf­trags­spit­zen ab. Aber durch die­ses In­s­tru­ment droht nun Är­ger bei Min­dest­lohn und 450-Euro-Job. An­walt und Steu­er­be­ra­ter soll­ten drin­gend prü­fen, wie sich Ge­set­zes­ver­stöße ver­mei­den lassen.

Text: Frank Wiercks

ie Verän­de­rung einer Ziffer könnte vielen Unter­neh­mern besten­falls hohen Mehr­auf­wand und schlimms­ten­falls schmerz­hafte Bußgelder bescheren. Zum Jahres­wechsel 2018/2019 wurde das Gesetz über Teil­zeit­ar­beit und befris­tete Arbeits­ver­träge (TzBfG) aktua­li­siert, was zunächst kaum Aufre­gung hervor­rief. Im Para­graf 12 steht zur Arbeit auf Abruf: „Wenn die Dauer der wöchent­li­chen Arbeits­zeit nicht fest­ge­legt ist, gilt eine Arbeits­zeit von 20 Stunden als verein­bart.“ Bis Ende 2018 waren es 10 Stunden. De facto bedeutet das eine glatte Verdop­pe­lung der unter­stellten Arbeits­zeit – und macht darum Probleme beim Mindest­lohn. Denn auch gering­fügig Beschäf­tigte, also Mini­jobber, gelten als teil­zeit­be­schäf­tigt – und haben Anspruch auf den Mindest­lohn von 9,19 Euro. Dadurch entsteht bei einem Minijob auf Abruf eine Glei­chung, die nicht aufgehen kann. Ohne vertrag­lich fest­ge­legte Zahl von Arbeits­stunden unter­stellt das TzBfG eine Wochen­ar­beits­zeit von 20 Stunden. Bei rech­ne­risch 4,33 Wochen pro Monat mal 9,19 Euro pro Stunde wären das 795,85 Euro Monats­lohn – das ist garan­tiert kein Minijob mehr.

Durch Ände­rung bei Mi­ni­job auf Ab­ruf droht Ärger

Betroffen sind von dieser Geset­zes­än­de­rung insbe­son­dere Betriebe mit saisonal stark schwan­kendem Geschäft, beispiels­weise Gastro­nomie oder Gartenbau. Sie nutzen im Sommer bei Arbeits­spitzen verstärkt den Minijob auf Abruf und stellen gering­fügig Beschäf­tigte als Teil­zeit­ar­beiter je nach Wetter ein. Eben auf Abruf. Deshalb kocht das Thema jetzt hoch und droht manchem Firmen­chef enorme Pro­bleme zu bereiten. Grund­sätz­lich waren bei der Arbeit auf Abruf schon immer diverse Vorgaben zu beachten. Zu Jahres­be­ginn hatten viele die aktu­ellen Verän­de­rungen beim Minijob auf Abruf aller­dings nicht im Blick, weil sie ihn damals kaum nutzten. Mit Saison­be­ginn machten sie dann weiter wie 2018, ohne die betrof­fenen Arbeits­ver­träge anzu­sehen und gege­be­nen­falls zu modi­fi­zieren. Wer beim Minijob auf Abruf keine Stun­den­zahl schrift­lich fixiert hat, muss der Sozi­al­ver­si­che­rung deshalb nun 795,85 Euro Monats­lohn melden. Diese Summe und eine entspre­chende Forde­rung der Sozi­al­ver­si­che­rung ergibt sich unab­hängig von der tatsäch­lich geleis­teten Arbeit. So entsteht der gefürch­tete Phan­tom­lohn, der mit Sozi­al­ab­gaben belegt wird.

Viel zu ho­he Stun­den­zahl für ei­nen 450-Euro-Job

Betrof­fene Unter­nehmer sollten mit Anwalt und Steuer­berater schnell Gegen­maß­nahmen ergreifen, um beim Minijob auf Abruf nicht massiv drauf­zu­zahlen. Und um recht­li­chem Ärger wegen Verstößen gegen Rege­lungen zur Sozi­al­ver­si­che­rung und zum Mindest­lohn zu entgehen. Zuerst ist zu klären, ob bezie­hungs­weise welche Mitar­beiter betroffen sind und ob even­tuell bereits fehler­hafte Meldungen an die Sozi­al­ver­si­che­rung geschickt wurden. Sie gilt es nach Absprache mit den Experten rasch zu korri­gieren. Danach wäre empfeh­lens­wert, Arbeits­ver­träge für auf Abruf beschäf­tigte Teil­zeit­ar­beiter im Minijob-Segment aufzu­setzen, die die Zahl der zu leis­tenden Stunden fest­legen, um die Vorgaben zum Mindest­lohn ebenso zu beachten wie die zur 450-Euro-Beschäf­ti­gung. Wichtig: Ist eine wöchent­liche Mindest­ar­beits­zeit verein­bart, darf der Arbeit­geber nur bis zu 25 Prozent mehr abrufen. Bei einer wöchent­li­chen Höchst­ar­beits­zeit darf er nur bis zu 20 Prozent weniger abrufen. Auch solche Details gilt es zu beachten und am besten mit Stun­den­zet­teln zu belegen. Derar­tige Verträge sollten stets mithilfe eines Experten formu­liert werden.

Es gibt gu­te Al­ter­na­ti­ven zum Mi­ni­job auf Abruf

Die aktu­ellen Ände­rungen beim Minijob auf Abruf könnten aber auch als Einstieg in ganz neue Über­le­gungen dienen. Eine Alter­na­tive wären Arbeits­zeit­konten. Statt einen Minijob auf Abruf bekommt der Arbeit­nehmer einen Arbeits­ver­trag mit einem gleich­blei­benden, also verste­tigtem Entgelt von 450 Euro. Er kann je nach Bedarf unter­schied­lich viele Stunden im Monat leisten und Plus- oder Minus­stunden auf dem Arbeits­zeit­konto sammeln. Das Arbeits­zeit­konto wird dann inner­halb eines verein­barten Zeit­raums ausge­gli­chen. Oder der Minijob auf Abruf wird zum Midijob. Das ist nicht ganz so billig für den Unter­nehmer, bietet aber viel Flexi­bi­lität und hilft so, mögli­chen Ärger zu vermeiden.

Am 1. Juli 2019 wurde aus der bishe­rigen Gleit­zone der Über­gangs­be­reich. Er gilt für Arbeits­ent­gelte von 450,01 Euro bis 1.300 Euro. Die redu­zierten Renten­ver­si­che­rungs­bei­träge des Arbeit­neh­mers führen seitdem nicht mehr zu redu­zierten Renten­an­sprü­chen – ihm entstehen somit trotz redu­zierter Beiträge keine Renten­nach­teile mehr.

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Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg