20. Mai 2019

So vermeiden Unter­nehmer hohe Steu­er­nach­zah­lungen

Nutzen Selbst­stän­dige ein Arbeits­zimmer im Eigen­heim nur beruf­lich, gilt es als Betriebs­ver­mögen. Bei Verkauf oder Betriebs­auf­gabe drohen hohe Steuern auf die Entnahme, falls die Immo­bilie an Wert zuge­legt hat.

Text: Midia Nuri

etrieb­lich genutzte Räume in Privat­woh­nungen haben es steu­er­lich betrachtet in sich. Oft kommt es wegen Arbeits­zimmer & Co. zum Streit mit dem Fiskus. Jahre hat es gedauert, bis klar war: Antei­lige Nutzung und damit der Abzug von Betriebs­aus­gaben für ein nur teil­weise betrieb­lich genutztes Arbeits­zimmer sind nicht drin. Dafür dürfen auch Selbst­stän­dige mit eigenen Betriebs­räumen die Kosten für ein häus­li­ches Arbeits­zimmer steu­er­lich geltend machen. Kürz­lich ging aber­mals eine Ausein­an­der­set­zung vor dem Finanz­ge­richt Köln gut für den Steu­er­zahler aus. Zwar betraf der Fall eine Arbeit­neh­merin und auch nur die Frage mögli­cher Speku­la­ti­ons­er­träge – also als Einkünfte aus Kapi­tal­ver­mögen. Unter­nehmer mit Arbeits­zimmer in ihrem Eigen­heim sollten das Urteil aber als will­kom­mene Erin­ne­rung aufnehmen, mal ihren Steuer­berater auf die Ange­le­gen­heit anzu­spre­chen. Denn steu­er­lich gibt es für sie hier zusätz­lich einige böse Fallen zu umrunden – wenn auch nicht die Kapi­tal­ertrag­steuer.

Spekulations­gewinne fallen in der Regel nicht an

Erst die gute Nach­richt – für Arbeit­nehmer wie Selbst­stän­dige: Zumin­dest Steuern auf Kapi­tal­erträge fallen beim Verkauf einer selbst bewohnten Eigen­tums­woh­nung nicht an, selbst wenn für das Arbeits­zimmer in den Vorjahren Werbungs­kosten in Höhe von 1.250 Euro ange­setzt worden waren und das Eigen­heim inner­halb der zehn­jäh­rigen Speku­la­ti­ons­frist veräu­ßert wird. Dieses Urteil fällten die Kölner Finanz­richter. Das häus­liche Arbeits­zimmer sei in den privaten Wohn­be­reich inte­griert und kein selbst­stän­diges Wirt­schaftsgut, befanden die Richter. Außerdem stehe eine Besteue­rung „auch im Wertungs­wi­der­spruch zum gene­rellen Abzugs­verbot von Kosten für häus­liche Arbeits­zimmer in § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 1“. Übri­gens ist die von den Kölner Finanz­rich­tern nun fest­ge­legte Vorgabe nicht neu, aber offenbar wenig bekannt. Sie steht in Text­ziffer 39 eines BMF-Schrei­bens aus dem Jahr 2000.

Massive Belas­tungen drohen durch Einkom­men­steuer

Nun die schlechte Nach­richt für alle Selbst­stän­digen mit betrieb­lich genutzten Räumen im Eigen­heim: Für sie liegt in der Einkom­men­steuer eine Kosten­falle, die meist völlig uner­wartet zuschnappt. Machen Selbst­stän­dige nämlich Betriebs­aus­gaben für ein häus­li­ches Arbeits­zimmer, einen Lager- oder Archiv­raum oder sons­tige Geschäfts­räume im Eigen­heim geltend, müssen sie bedenken, dass solche Räume durch die ausschließ­lich betrieb­liche Nutzung auto­ma­tisch zum Betriebs­ver­mögen werden. Auch wenn also steu­er­lich über Jahre hinweg alles glatt geht, das Finanzamt die Abzüge durch­winkt und Unter­nehmer sich über eine hübsche Steu­er­ersparnis freuen: Wird die selbst­stän­dige Tätig­keit einge­stellt oder das Eigen­heim verkauft, besteuert der Fiskus den Wert­zu­wachs der betrieb­lich genutzten Räum­lich­keiten zum vollen Einkom­men­steu­er­satz.

Beim Immo­bi­li­en­ver­kauf macht der Betrieb einen Gewinn

Dem Finanzamt dürfte diese Einnah­me­quelle kaum entgehen. Berück­sich­tigt ein Selbst­stän­diger in seiner steu­er­li­chen Gewinn­ermitt­lung eine Abschrei­bung für betrieb­liche Räume in seinem privaten Eigen­heim als Betriebs­aus­gaben, ist der Fiskus spätes­tens damit über mögli­cher­weise dem Betriebs­ver­mögen zuzu­rech­nende Räum­lich­keiten infor­miert. Die entspre­chende Zuord­nung passiert auto­ma­tisch bei Aufgabe oder Veräu­ße­rung des Betriebs oder wenn Unter­nehmer ihre Immo­bilie verkaufen – zumeist völlig über­ra­schend. Gerade in Zeiten wach­sender Immo­bi­lien- und Grund­stücks­preise steigt die Gefahr für solche teuren Über­ra­schungen sogar noch.

In Boom­re­gionen sind Arbeits­zimmer steu­er­lich Spreng­stoff

Ein betrieb­lich genutzter Raum im Haus­halt des Selbst­stän­digen zählt nur dann nicht zum Betriebs­ver­mögen, wenn der Markt­wert der betrieb­lich genutzten Fläche maximal 20 Prozent des Gesamt­werts der Immo­bilie ausmacht und höchs­tens 20.500 Euro beträgt. Das Problem: Beim Ermit­teln des Höchst­werts von 20.500 Euro gilt nicht nur der auf die betrieb­li­chen Räume entfal­lende Wert für das Gebäude, sondern auch der antei­lige Wert am Grund und Boden (§ 8 EStDV). Der zur Besteue­rung ange­setzte betrieb­liche Gewinn errechnet sich also auch aus dem Wert­zu­wachs der Immo­bilie. Der mag zwar nicht exor­bi­tant sein, ist aber vieler­orts über die Jahre und Jahr­zehnte hinweg üppig. Wer mehr als 20 Prozent Wohn­fläche betrieb­lich nutzt und dazu noch in einer Boom­re­gion wie München, Hamburg oder Berlin wohnt, für den wird die Besteue­rung des Wert­zu­wachses auf einen Schlag schmerz­haft teuer. Und nicht nur Boom­re­gionen sind riskant. Da dem Finanzamt die reale Jahres­ren­dite nach Infla­tion total egal ist, wird es mit der Zeit auch in wirt­schaft­lich weniger explo­siven Stand­orten wie Würz­burg, Nürn­berg oder Leipzig steu­er­lich teuer. Der Wert­zu­wachs erhöht dann die stillen Reserven des Unter­neh­mens – mit etwas Pech oder je nach Sicht­weise auch Glück um einige Zigtau­send Euro.

Mit dem Steuer­berater verschie­dene Szena­rien durch­gehen

Unter­nehmer mit Arbeits­zimmer im Eigen­heim sollten deshalb mit dem Steuer­berater verschie­dene Szena­rien durch­spielen bezie­hungs­weise um sinn­volle Gestal­tungs­tipps bitten – und spätes­tens vor dem Verkauf des Eigen­heims oder der Betriebs­auf­gabe mögliche Auswege aus der Steu­er­falle suchen. Mit etwas Vorlauf lässt sich selbst bei ungüns­tiger Gestal­tung steu­er­lich oft noch etwas retten. So lässt sich die Zuord­nung zum notwen­digen Betriebs­ver­mögen aufheben, indem Unter­nehmer ihr Arbeits­zimmer gezielt privat mit nutzen. Private Mitnut­zung schließt den Betriebs­aus­ga­ben­an­satz als Arbeits­zimmer aus, urteilte der Bundes­fi­nanzhof vor ein paar Jahren. Unter­nehmer sollten ihren Steuer­berater fragen – der Verlust des Steu­er­vor­teils könnte sich mit Blick auf die Versteue­rung eines hohen Wert­zu­wachses lohnen.

Viel­leicht ist es sinn­voller, kein Arbeits­zimmer anzu­setzen

Ist nur ein Ehegatte Eigen­tümer der privaten Räume, sollte der Verweis auf ein Urteil des Bundes­fi­nanz­hofs helfen. Im Fall eines Ehepaares, das je 50 Prozent des Eigen­heims besaß, legten die obersten Finanz­richter fest, dass die Entnahme betrieb­lich genutzter Räume den Gewinn des „Unter­neh­mer­ehe­gatten“ nur entspre­chend seinem Mitei­gen­tums­an­teil erhöht – also um bis zu 50 Prozent der Wert­stei­ge­rung. Den Mitei­gen­tums­an­teil des Ehegatten wertete der BFH nicht als Betriebs­ver­mögen. Das gilt selbst dann, wenn der Selbst­stän­dige zuvor sämt­liche Aufwen­dungen als Betriebs­aus­gaben ange­setzt hatte, so die Richter. Ganz gene­rell hilft steu­er­lich eben immer: gute Planung.

Bei Fragen spre­chen Sie uns gerne an.

Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg