13. Dezember 2010

Recht­liche Anfor­de­rungen bei der Kommu­ni­ka­tion per E-Mail

Im privaten und geschäft­li­chen Verkehr spielen E-Mails eine immer wich­ti­gere Rolle. Anders als ein Brief oder ein Fax lässt sich eine E-Mail „mal schnell“ schreiben. Die Kommu­ni­ka­tion ist einfa­cher und in der Regel auch güns­tiger. Welt­weit kann jeder inner­halb weniger Sekunden erreicht werden. Gegen­über einem Tele­fonat bietet die E-Mail den Vorteil, dass der Inhalt der Nach­richt doku­men­tiert ist.

Bei allen Vorteilen gibt es bei der Kom­munikation per E-Mail auch eine Kehr­seite der Medaille. Aus den genannten Vorteilen ergeben sich auch Aufgaben und Risiken, wie nach­fol­gender Beitrag zeigt.

Neben den beson­deren Sicher­heits­ri­siken von E-Mails – hier soll nur die Möglich­keit des Mitle­sens oder des Miss­brauchs sowie die Risiken im Zusam­men­hang mit viren­verseuchten Mails und Spam-Mails erwähnt werden – bestehen bzw. entstehen erheb­liche recht­liche Anfor­de­rungen, die in der Praxis häufig jedoch stief­müt­ter­lich behan­delt werden.

Pflicht­an­gaben in E-Mails. Sämt­liche Pflicht­an­gaben, die in Geschäfts­briefen ent­halten sein müssen, sind in E-Mails eben­falls aufzu­nehmen. Welche Angaben dies sind, richtet sich nach der Rechts­form des Unter­neh­mens. Die Angaben sollten dabei deut­lich lesbar enthalten sein. Die Über­mittlung in Form einer ange­hängten elektro­nischen Visi­ten­karte (V-Card) genügt nicht den Anfor­de­rungen.

Wird gegen die recht­li­chen Vorgaben verstoßen, kann dies zur Fest­set­zung von Zwangs­gel­dern durch das Regis­ter­ge­richt führen. Zudem drohen zivil­recht­liche An­sprüche wegen Irre­füh­rung und die Gefahr einer Abmah­nung aus wettbewerbsrecht­lichen Gründen.

Archi­vie­rung von E-Mails.Im Dezember 2002 wurde die Deut­sche Bank von der US-Börsen­auf­sicht gezwungen, 1,65 Millio­nen US-Dollar Strafe zu zahlen. Anlagebe­rater der Bank hatten E-Mails falsch oder gar nicht abge­spei­chert. Dadurch wurden Ermitt­lungen zu umstrit­tenen Anlageemp­fehlungen erschwert. Neben der Deut­schen Bank mussten auch Goldman Sachs, Morgan Stanley und Salomon Smith Barney sowie andere Geld­häuser zahlen.

Mit der lücken­haften E-Mail-Archi­vie­rung verletzten die Geld­häuser US-Recht. Aus Deutsch­land ist ein ähnli­ches Beispiel nicht bekannt, jedoch ist dieses sicher geeignet, Sensi­bi­lität für die Archi­vie­rung von E-Mails zu entwi­ckeln.

Gesetz­liche Archi­vie­rungs­pflicht.Die ge­setzlichen Archi­vie­rungs­pflichten ergeben sich aus einer Viel­zahl von Vorschriften. Aus diesem Dschungel von Regeln werden ex­emplarisch einige Vorschriften erör­tert.

Nach § 238 HGB ist der Kauf­mann ver­pflichtet, eine mit der Urschrift überein­stimmende Wieder­gabe der abge­sandten Handels­briefe (Kopie, Abdruck, Abschrift oder sons­tige Wieder­gabe des Wort­lauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Daten­träger) zurück­zu­be­halten. Umfasst ist damit auch der Verkehr per E-Mail, wenn es sich z. B. nicht um private Nach­richten handelt.

Auch steu­er­recht­liche Vorschriften be­gründen eine Archi­vie­rungs­pflicht von E-Mails. Seit dem 1. Januar 2002 kann die Finanz­ver­wal­tung im Rahmen der Außen­prüfung auf Firmen-EDV zugreifen. Der Be­triebsprüfer kann bei Außen­prü­fungen die gespei­cherten Daten einsehen. Er hat das Recht, die steu­er­re­le­vanten Daten auf einem Daten­träger zu verlangen, um sie dann in seinem Prüf­pro­gramm auszu­werten, oder das Daten­ver­ar­bei­tungs­system des Steuer­pflichtigen zu nutzen.

Die Anfor­de­rungen dieser Gesetzesände­rung werden im Schreiben des Bundesmi­nisteriums für Finanzen (BMF) vom 16. Juli 2001 mit dem Titel „Grund­sätze zum Daten­zugriff und zur Prüf­bar­keit digi­taler Unterla­gen (GDPdU)“ konkre­ti­siert. Außerdem müs­sen die Vorschriften des BMF-Schrei­bens zu den Grund­sätzen ordnungs­mä­ßiger DV-ge­stützter Buch­füh­rungs­sys­teme (GoBS) vom 7. November 1995 beachtet werden.

Nach § 146 Abs. 5 Abga­ben­ord­nung (AO) gilt, dass „bei der Führung der Bücher und der sonst erfor­der­li­chen Aufzeich­nungen auf Daten­trä­gern insbe­son­dere sicher­ge­stellt sein muss, dass während der Dauer der Auf­bewahrungsfrist die Daten jeder­zeit verfüg­bar sind und unver­züg­lich lesbar gemacht werden können“.

Nach § 147 AO sind ferner die folgenden Unter­lagen geordnet aufzu­be­wahren:

  • Bücher und Aufzeich­nungen, Inven­tare, Jahres­ab­schlüsse, Lage­be­richte, die Eröff­nungs­bi­lanz sowie die zu ihrem Verständnis erfor­der­li­chen Arbeitsanwei­sungen und sons­tigen Organisationsun­terlagen,
  • die empfan­genen Handels- oder Ge­schäftsbriefe,
  • Wieder­gaben der abge­sandten Handels- oder Geschäfts­briefe,
  • Buchungs­be­lege,
  • Unter­lagen, die einer mit Mitteln der Da­tenverarbeitung abge­ge­benen Zollanmel­dung nach Artikel 77 Abs. 1 in Verbin­dung mit Artikel 62 Abs. 2 Zoll­kodex beizufü­gen sind, sofern die Zoll­be­hörden nach Artikel 77 Abs. 2 Satz 1 Zoll­kodex auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurück­ge­geben haben,
  • sons­tige Unter­lagen, soweit sie für die Besteue­rung von Bedeu­tung sind.

Im Ergebnis sind also alle E-Mails, die für die Besteue­rung von Bedeu­tung sind, aufzu­bewahren.

Verstöße gegen die gesetz­li­chen Archivie­rungspflichten.Verstöße gegen die gesetz­lichen Archi­vie­rungs­pflichten können eine Ordnungs­wid­rig­keit darstellen. Im Einzel­fall können sogar straf­recht­liche Vorschriften verletzt sein.

Ferner können sich Schadenersatzan­sprüche gegen z. B. den GmbH-Geschäfts­­­führer ergeben. Geschäfts­führer haben in den Ange­le­gen­heiten der Gesell­schaft die Sorg­falt eines ordent­li­chen Geschäfts­mannes anzu­wenden. Über­wacht der Ge­schäftsführer nicht das Risi­ko­ma­nage­ment, dem die Archi­vie­rung von E-Mails zuzuord­nen ist, kann dieser bei Entste­hung eines Scha­dens even­tuell in die Haftung genom­men werden.

Fern­mel­de­ge­heimnis und Daten­schutz. Die Archi­vie­rung von E-Mails bereitet je­doch auch Probleme, die auf den ersten Blick nicht ersicht­lich sind. An dieser Stelle soll auch darauf hinge­wiesen werden, dass die Archi­vie­rung von E-Mails einen Verstoß gegen das Fern­mel­de­ge­heimnis darstellen kann. Dieses ist nach über­wie­gender Auffas­sung anwendbar, wenn den Arbeit­neh­mern gestattet wird, E-Mails zu privaten Zwecken einzu­setzen. Zudem sind die Vorschriften des Bundes­da­ten­schutz­ge­setzes zu beach­ten.

Ausblick Beschäf­tig­ten­schutz. Nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Rege­lung des Beschäf­tig­ten­da­ten­schutzes der Bundes­regierung vom 25.08.2010 soll der Be­schäftigtenschutz konkre­ti­siert werden und Rechts­si­cher­heit für Arbeit­geber und Be­schäftigte schaffen.

Es wird im Ergebnis hervor­ge­hoben, dass nur Daten verar­beitet werden, die für das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis erfor­der­lich sind. Es soll gleich­zeitig die Arbeit­nehmer schüt­zen und den Arbeit­ge­bern eine Grund­lage für die Durch­set­zung von Compli­ance-Anfor­­de­rungen geben.

Im Einzelnen soll gere­gelt werden, welche Daten im Bewer­bungs­ver­fahren erhoben werden dürfen und welche Frage­rechte der poten­zi­elle Arbeit­geber hat. Ferner soll die ärzt­liche Unter­su­chung und Durch­füh­rung von Eignungs­tests vor Begrün­dung eines Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses gere­gelt wer­den.

Der Geset­zes­ent­wurf sieht auch eine Kon­kretisierung der Daten­er­he­bung, -verarbei­tung und -nutzung im Beschäftigungsver­hältnis vor.

Die Beob­ach­tung nicht öffent­lich zugäng­licher Betriebs­ge­lände, Betriebsgebäu­de oder Betriebs­räume (Betriebs­stätten) mit optisch-elek­tro­ni­schen Einrich­tungen Video­über­wa­chung), die auch zur Erhe­bung von Beschäf­tig­ten­daten geeignet ist, wird nur unter bestimmten Voraus­set­zungen zu­gelassen.

Der Arbeit­geber darf zudem Beschäf­tigtendaten durch elek­tro­ni­sche Einrich­tungen zur Bestim­mung eines geogra­fischen Stand­ortes (Ortungs­sys­teme) nur erheben, verar­beiten und nutzen, soweit dies aus betrieb­li­chen Gründen erfor­der­lich ist.

Er darf nach dem Geset­zes­ent­wurf bio­metrische Merk­male eines Beschäf­tigten nur erheben, verar­beiten und nutzen, soweit dies aus betrieb­li­chen Gründen zu Auto­ri­­sie­rungs- und Authen­ti­fi­ka­ti­ons­zwe­cken er­forderlich ist und keine schutz­wür­digen In­teressen des Beschäf­tigten am Ausschluss der Daten­er­he­bung, -verar­bei­tung und -nut­zung über­wiegen. Daten in Form von Licht­bildern eines Beschäf­tigten darf der Arbeit­geber auch zu anderen Zwecken erheben, verar­beiten und nutzen, soweit der Beschäf­tigte einge­wil­ligt hat.

Der Geset­zes­ent­wurf konkre­ti­siert wei­ter die Nutzung von Telekommunikations­diensten und die hiermit verbun­dene Daten­erhebung, -verar­bei­tung und -nutzung.